Ostern (Pascha oder Lambri) wird in der orthodoxen Christenheit und im ganzen Griechentum für die größte Feier gehalten und wird hauptsächlich in den ländlichen Dörfern groß gefeiert. Es ist ein bewegliches Fest und findet am ersten Sonntag nach dem Vollmond der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche statt. Viele Sitten und Bräuche in der Woche vor Ostern, der Karwoche („der Großen Woche“), erreichen ihren Höhepunkt am Ostersonntag sowie an den darauf folgenden zwei Tagen, dem Ostermontag und -dienstag, und das in allen griechischen Regionen. Die christliche Vorbereitung auf Ostern ist eine längere Fastenzeit und beginnt am Rosenmontag („Reiner Montag“), sieben Wochen vor Ostern und endet am Karsamstag. Sie wird als "Prüfung" betrachtet für den Körper und als "geistige Vorbereitung" für Ostern.Innerhalb der Fastenzeit finden fünf besondere Gottesdienste für die Muttergottes statt und zwar am Abend der ersten fünf Freitage, darauf folgt die sechste „stumme“ Woche, danach kommt die Karwoche. Während der Karwoche vom Montag bis Freitag gibt es spezielle Gottesdienste für die Leiden des Herrn, die ihren Höhepunkt finden am Karfreitag Abend mit der Prozession des Epitaphs.

Die Mitternacht am Karsamstag ist der Auferstehung des Herrn Jesus Christus geweiht. Die Vorbereitungen dazu beginnen bereits am Gründonnerstag. An diesem Tag backen die Hausfrauen die „Tsurekia“, eine Art Hefezopf, und färben Eier mit speziellen roten Farbstoffen.

Das Ei symbolisiert die Erneuerung des Lebens und die Farbe Rot das Blut Christi. Früher legten sie das erste rote Ei auf den Hausaltar um das Böse zu bannen. In einigen Dörfern markieren sie den Kopf und den Rücken der kleinen Lämmer mit der roter Farbe, die zum Färben der Eier verwendet wird.

Der heiligste Tag der Karwoche ist der Karfreitag mit dem dramatischem Höhepunkt der Abnahme vom Kreuz und die Grablegung Christi. An so einem Tag der Trauer verrichten die Hausfrauen keine Hausarbeit, selbst Kochen wird vermieden, es wird streng gefastet.

Frauen und Kinder gehen in die Kirche und schmücken den Epitaph mit Blumen, die sie auf den Feldern pflückten (heute werden sie gekauft) und betrachten es als Segen, wenn sie dreimal unter dem Epitaph durchschlüpfen. Zur gleichen Zeit bilden die Buben bis zum Alter von 12-13 Jahren kleine Gruppen, gehen von Haus zu Haus und singen Osterlieder. „Schwarzer Himmel heute, schwarzer Tag heute ... '', das Lied bezieht sich auf die Kreuzigung des Herrn. Die Hausfrauen geben ihnen rote Eier, Sesamkringel oder etwas Geld.

Am Karfreitag Abend ist die Prozession mit dem Epitaph auf einem offenen Platz in der Mitte des Dorfes oder der Stadt. Jede Kirche präsentiert ihre eigene Darstellung des Epitaphs, ein wichtiges frommes Ereignis. Am Morgen des Karsamstags beginnen die Vorbereitungen für den festlich gedeckten „Tisch der Auferstehung“ und die Hausfrauen kochen die Ostersuppe „Majiritsa“ aus den frischen Lamminnereien.

Und es sind die jungen Mädchen dran, die „Lazarines“. Sie singen das Lied von der Auferstehung des Lazarus „Es erschien Lazarus, es kamen die Lorbeerzweige ...“. Wie die Buben am Vortag gehen sie von Haus zu Haus und bekommen Geschenke. In vielen Dörfern stellen sich die „Lazarines“ am Dorfplatz auf, der Platia, oder an einem offenen Platz in der Natur. Die meisten Lieder haben keinen christlichen Inhalt, beziehen sich auf das Neue Werden und Erwachen der Natur und haben ihren Ursprung in der griechischen Antike. Eine uralte Art und Weise des Dankes und Lobes an die Mutter Erde! Diese Traditionen sind leider meist verloren gegangen und diejenigen, die bewahrt werden konnten, wurden ins Christentum übernommen.

Kurz vor Mitternacht versammeln sich die gläubigen Menschen in den Kirchen, weiße Kerzen haltend, die das Licht symbolisieren, das uns Christus brachte, der den Tod und die Finsternis besiegt hatte durch seine Auferstehung. Sie zünden die Kerzen mit dem „Heiligen Licht" an, das der Priester verteilt mit den Worten: Christus ist auferstanden! (Christos anesti) Die Gläubigen tauschen Wünsche aus und so genannte „Küsse der Liebe". Mit dem „Heiligen Licht" bekreuzigen sie den Sturz der Haustür dreimal, um Glück zu haben. Später setzt man sich an den festlich gedeckten Tisch, peckt die roten Eier und isst von der traditionellen Ostersuppe.

 

Am Sonntagmorgen wird vielerorts ein Lamm am Spieß gebraten oder eine Ziege, ebenso das „Kokoretsi“ (= aufgespießte Lamminnereien umwickelt mit dem Darm). Das Fleisch wird auf Grillvorrichtungen in den Höfen der Häuser gebraten oder in den speziell ausgewiesenen Bereichen der Wohnviertel, wo man mit 10 bis 15 Familien zusammen sein, die Lämmer braten, feiern und tanzen kann; am Ende sitzt die ganze Nachbarschaft an einem Tisch!

Von überall ertönt Musik, Lieder werden gesungen und spontan wird um den Lammbraten getanzt. In dieser festlicher Atmosphäre folgt die herzhafte Mahlzeit und die Feier dauert in der Regel bis spät in die Nacht. In vielen Gegenden gehen die Menschen in die Abendmesse (Liturgie der Liebe genannt) und anschließend zum „großen Tanz der Gemeinschaft“ vor den Kirchen.

Dieser „große, mächtige Tanz der Gemeinschaft“ findet in vielen Teilen Griechenlands am Montag- und Dienstagnachmittag statt, an dem auch die meisten Leute teilnehmen. Vor 40-50 Jahren war es beleidigend wenn eine Person nicht erschien. Mit der Teilnahme an diesem Tanz zeigt man seine Präsenz in der Gemeinschaft des Dorfes! Mit dieser Anwesenheit, seinem Gesundsein, zeigt man seine Zugehörigkeit zur Gemeinschaft!

 

Die Männer führen den Tanz an, danach folgen die Frauen. Die Reihenfolge richtet sich nach dem Lebensalter und dem gesellschaftlichen Status, die Jugend und die Kinder tanzen am Schluss.

Die Lieder werden in der Regel im Wechselgesang (antiphon) gesungen und ohne Begleitung von Musikinstrumenten, das heißt, die Männer singen einen Vers und die Frauen wiederholen ihn anschließend. Der Inhalt der ersten Lieder ist passend zum Osterfest und dann vom allgemein sozialen Leben. Heutzutage spielen danach Musikgruppen die traditionellen Lieder aus der jeweiligen Gegend. Der Tanz wird nicht unterbrochen, die Leute nehmen teil, um sich zu freuen und um das Ereignis mitzuerleben, indem sie ihre Probleme von gestern vergessen und ohne dass es sie beschäftigt (zumindest in diesem Moment), was morgen sein wird.

Dies ist etwas ganz Altes und besonders wichtig für den Griechen, weil er versteht zu „leben“, indem er die Probleme des Alltags wegschiebt, indem er Energie aus dem Ort seiner Herkunft schöpft und aus dem ganzen Klima, das von diesem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis geschaffen wird!

Erwähnenswert ist, dass die Griechen, die im Ausland leben - rund um den Globus verteilt, versuchen, Ostern genauso wie in Griechenland zu feiern, mit entsprechenden Anpassungen an den Ort, wo sie wohnen! Oft leben sie die christliche Karwoche sehr intensiv und feiern das Osterfest anschließend sogar mehr, weil ihnen Griechenland so fehlt !!!


Alles, was bis jetzt beschrieben wurde, findet man vorwiegend auf dem griechischen Festland. Von Region zu Region gibt es immer eine leichte Abwandlung in den Bräuchen, den kulturellen Gemeinschaften. Die Meteora Gegend (Zentral-Griechenland) mit den Klöstern in der Umgebung von Kalambaka wird als einer der idealsten Besucherorte betrachtet, um das griechisch-christliche Ostern zu erleben.

Jannis Dimas, Dozent für traditionelle griechische Tänze an der Universität von Thessalien in Trikala/ Mittelgriechenland

Übersetzung aus dem Griechischen: Angela Kinateder

 

Tanzgattung