Mit Ägyptischem Tanz wird meist Orientalischer Tanz beziehungsweise Bauchtanz in Verbindung gebracht. Deshalb hier der Versuch einer Begriffsklärung.

Die Bezeichnung Orientalischer Tanz leitet sich ab von Raqs Sharqi, Tanz des Ostens, bzw. des Orients und ist die in den arabischen Ländern übliche Bezeichnung für den Tanz. In den USA und Kanada bezieht sich Oriental Dance auch auf den Fernen Osten. Raqs Sharqi wird dort daher meist als Middle Eastern Dance bezeichnet.

Dieser Ausdruck bringt – ebenso wie Orientalischer Tanz in Europa - Tanztraditionen aus so unterschiedlichen Ländern wie Ägypten, Türkei, Afghanistan, Iran, Irak, Yemen, Syrien, Libanon, Israel, Jordanien, Saudi-Arabien, den Golfstaaten oder den Vereinigten Arabischen Emiraten auf einen Nenner. Dabei wird allen BewohnerInnen dieser Länder eine gemeinsame Tanzgeschichte unterstellt.

„...Zum einen wird deutlich, dass der arabische Raum geographisch und historisch einen umfangreichen, vielseitigen und auch widersprüchlichen Bereich umfasst. Es gibt also nicht den „orientalischen“ Tanz.“ (STUIBER, 2003)

Wer sich mit Tanz in Ägypten beschäftigt wird feststellen, dass allein in diesem Land eine reiche und vielfältige Tanzkultur besteht, von den Stocktanz-Traditionen der Männer im Süden über die Tänze der Ghawazi (Zigeunerinnen), Fellachen (Bauern) und Beduinen bis hin zu neueren Entwicklungen des Baladi oder Raqs Sharqi in den Städten.

Ägyptischer Tanz wurde 1893 bei der Colombian Trade Fair and Exposition  (Weltausstellung) in Chicago gezeigt und erlebte in den darauf folgenden Jahrzehnten beträchtliche Veränderungen. Eine koloniale, von Orientalismus geprägte Sicht auf einen Phantasie-Osten veränderte den Tanz diesen Klischees entsprechend. Die Tanzbewegungen beeinflussten Modetänze wie Twist oder Charleston, die traditionelle Kleidung machte einem von der Filmindustrie Hollywoods inspirierten Cabaret-Kostüm Platz. Marianne Nürnberger schreibt in Tanz / Ritual – Integrität und das Fremde:

„Insofern enthält die darstellerische Charakterisierung des Anderen Informationen über das Eigene. Sie klärt auf über Ideale, Klischeebilder, Sehnsüchte und Ängste der Darsteller. So wird z.B. der Orient als 'Morgenland' im Westen oft mit Sinnenfreuden assoziiert, (...) Was auch immer der 'Bauchtanz' in seinen Herkunftsländern gewesen sein mag, bei uns im Westen hat er den Nimbus der 'Natürlichkeit, Sinnlichkeit, Weiblichkeit' schon wegen seiner Assoziation mit dem Orient - obwohl ein guter Teil seiner erotischen Ausstrahlung durch die Art der Kostümierung - nabelfrei, gepolsterter Büstenhalter, Fransen und Glimmer - entsteht, und diese ist westlichen, vor allem amerikanischen und französischen Ursprungs, wobei auch indische Vorlagen eingearbeitet wurden!“ (NÜRNBERGER, 2001)

Zur Entstehung des Begriffs Bauchtanz gibt es verschiedene Theorien, so soll zum Beispiel die französische Variante danse du ventre zum ersten Mal in einem Roman Zolas (Nana) aufgetaucht sein. Für Carolina Varga Dinicu (Morocco), amerikanische Tänzerin und Tanzethnologin war es ein Werbegag eines gewissen Sol Bloom:

„The term "belly dance" was coined in 1893 by Sol Bloom, impresario of the Midway Plaisance & "Street in Cairo" exhibit at the Colombian Trade Fair and Exposition (World’s Fair) in Chicago, IL. He did it deliberately, to titillate the dirty minds of the Mid Victorians of that era, who would pay any price to see something they thought was salacious, so they could go home and pretend to be shocked.“

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