Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand
hinhalten

Hilde Domin

 

 

 

 

Margarethe Philipp

 

Den Körper (wieder) bewohnbar machen

 

Eine intensive Begegnung von Bernhard Wosien und Hannelore Eibach (Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Dozentin an der AG für Katathymes Bilderleben)

führte zu seiner Gewissheit, dass sie das Heilsame des Tanzes in die Medizin integrieren werde.

Während meiner Psychotherapieweiterbildung lernte ich Hannelore und Ernst Eibach kennen. Tief beeindruckt war ich von ihrer Integration des meditativen Tanzes mit seiner breiten Symbolik in die Medizin. Es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit.

Im Rahmen meiner therapeutischen Arbeit mit traumatisierten Menschen wurde zunehmend klarer, dass auch die körperliche Ebene einer Unterstützung in der Heilung bedarf. Hier eignen sich die Choreografien des meditativen Tanzes in besonderem Maße. Kreis – Reigen – Reihentänze aus der internationalen Folklore sowie „einfache Tänze“ mit sich wiederholenden Schrittfolgen sind in genialer Weise einfach, gut erlernbar, gemeinsam tanzbar. Schon Bernhard Wosien schrieb: “In den ältesten Formen des Kreis- Reigens fand ich zur Meditation des Tanzes. Diese Meditation wurde für mich und meine Schüler … Einstimmung des harmonischen Akkords von Geist, Seele und Leib.“ Die Tänze knüpfen an ein frühes Wissen der Menschheit an, die mittels Ritual, Symbol und Tanz Ausdruck für ihre Gefühle fand, sie auch kanalisieren konnte. Verbunden mit Erklärungen zur Symbolik und bildlichen Anregungen werden neue Erfahrungen möglich. Sie knüpfen an den kindlichen Bewegungsablauf an. Schon Kleinkinder bewegen sich zu Musik, sobald sie die Gliedmaßen koordinieren können, oft schon bevor sie zulaufen beginnen.

Diese Freude und Leichtigkeit gilt es zurück zu gewinnen und eine Möglichkeit zu finden, sich aus der traumatischen Starre zu befreien.

Im Rahmen einer Pilotstudie wurden inzwischen 100 PatientInnen befragt, in welchem Ausmaß sie Stress, innere Anspannung und andere Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung mittels meditativem Tanz beeinflussen konnten. Es zeigten sich beachtliche Ergebnisse. Über 80% des Klientels gaben an, den meditativen Tanz als therapeutische Technik der Selbstregulation für sich zu übernehmen.

Die aus dem „Tritt Geratenen“ finden wieder Schritt, ein gehbares Schrittmaß. Getragen von Rhythmus wird die Einheit von Körper, Geist und Seele sinnlich spürbar. Meditativer Tanz als therapeutisches Mittel ermöglicht Traumatisierten, den inneren Kindern, wieder in ihrem Körper zu wohnen.

 

 

Wer mehr lesen möchte:

Philipp M (2019): Den Körper (wieder) bewohnbar machen. Meditativer Tanz zur Resilienzstärkung für (komplex) Traumatisierte. In: Huber M (Hrsg): Aus vielen Ichs ein Selbst? Trauma, Dissoziation und Identität. Paderborn, Junfermann, S.191-206.

 

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