Tanzlehrer aus Berufung

Der Weg schien vorbestimmt zu sein. Als
griechisch-orthodoxer Theologe sollte ich Gott mit Theologie und
Kirchenarbeit dienen. Und doch ist alles ganz anders gekommen, wie
zufällig, wenn man an Zufälle glaubt.

Seit 1964 diene ich Gott
tanzend und zwar mit Begeisterung und Hingabe. Ich spreche nicht vom
Beruf des Tanzlehrers, sondern von der Berufung, die mich seit 46 Jahren
völlig erfüllt und mit Erlebnissen bereichert, die ich sonst in keinem
anderen Beruf erleben konnte. Heute noch mit 75 Jahren bin ich so
begeistert, dass ich keinesfalls völlig damit aufhören, allenfalls den
Umfang meiner Tätigkeit einschränken möchte. Aber auch das gelingt mir
kaum.

Am 25. März 1964 hatte ich
in meiner damaligen Eigenschaft als Sozialarbeiter der griechischen
Arbeitnehmer im Bezirk Aachen eine griechische Tanzgruppe mit
Heimattrachten und Live-Musik ins Leben gerufen. Mit dieser Gruppe habe
ich unzählige Tanzveranstaltungen im In- und Ausland als auch im
Fernsehen durchgeführt. Meine gesamte Familie, meine Frau also und
unsere drei Söhne, haben dabei jahrelang mitgewirkt. Unsere Tanzgruppe
mit dem Namen „Der Evzone“ existiert und tritt auch heute noch
regelmäßig auf, mittlerweile überwiegend mit deutschen Mitgliedern. Seit
1975 habe ich im In- und Ausland Seminare mit griechischen Volkstänzen
sowie griechischen meditativen Tänzen gehalten. In den vergangenen 20
Jahren habe ich meine Erfahrungen in zahlreichen sozialen Berufen mit
dem Tanz kombiniert und Seminare kreiert, in denen ich Wege zeige, wie
der Tanz bei der Trauerarbeit helfen kann: „Trauer durch Tanz
überwinden“. Dieses Angebot richtet sich an Menschen, die Verluste
jeglicher Art erlitten haben. Ich versuche dabei, den Teilnehmern mit
Ritualen, Musik, Tanz und Gespräch zu helfen, Trauer zu entdecken, zu
spüren, zu akzeptieren und vor allem zu verabschieden, damit sie zurück
ins Leben finden und ganz eingegliedert werden. Denn, wer Trauer hat,
lebt am Leben vorbei.

Mein Prinzip als Tanzlehrer
ist, den TeilnehmerInnen nicht nur trockene Schritte, Bewegung und
Interesse für die griechischen Volkstänze zu vermitteln, sondern ihnen
vor allem „Nahrung für die Seele“ zu geben. Dazu setze ich ein:
griechische Religion, Literatur, Mythologie, Geschichte, um dem Leben
mehr Qualität zu geben. Seit etlichen Jahren führe ich auch Tanz-,
Kultur- und Badereisen nach Griechenland durch. Bei diesen Reisen
versuche ich die Teilnehmer mit der griechischen Natur, Kultur, den
Sehenswürdigkeiten, der Musik und dem Tanz und nicht zuletzt auch den
Griechen selbst in Kontakt zu bringen.

„Alles, was nicht gekommen
ist, alles, was verloren gegangen ist, beweine nicht; aber das, was du
hattest und nicht gabst, das solltest du beweinen.“ Getreu dem
Lebensspruch des griechischen Dichters Jannis Ritsos versuche ich in
meinen Seminaren und Reisen den Menschen soviel wie möglich von meinem
Wissen und meinen Erfahrungen mitzugeben.

Jetzt am Ende meiner
Tätigkeit erlebe ich das große Glück, meinen jüngsten Sohn Thomas diese
Staffel des Tanzes übernehmen zu sehen. Seit 2007 trägt er das seit
seiner Kindheit Erlernte weiter und folgt mit Leib und Seele dieser
Berufung, der schönsten überhaupt, dem Tanz. Gemeinsam haben wir bis
heute 20 CD´s mit griechischer Volksmusik zusammengestellt, haben zu
jeder CD entsprechende Tanzbeschreibungen mit umfassenden Informationen
zur Herkunft, Takt, Schritten, Hintergrundwissen und Texten erstellt.

Für
mich ist diese Tätigkeit als Tanzlehrer eine wertvolle Berufung, ein
göttliches Geschenk und einer der schönsten Höhepunkte meines Lebens.